HONDURAS 2023/2024
Der Gewinner des Menschenrechtspreises 2023-2024 ist das PROGRAMA SOCIOEDUCATIVO PASO A PASO, welches den Kindern und Familien des Stadtviertels Rivera Hernandez von San Pedro Sula in Honduras eine Alternative zur Kriminalität und zur Gewalt bieten will.
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Wenn man im Internet „Rivera Hernández, Honduras“ sucht, findet man diese Schlagzeilen, die die letzten einer langen Reihe ähnlicher Artikel sind: „Mehrere Schusswunden töten eine Person im Sektor Rivera Hernández von SPS“, „Vater, Sohn und Schwiegertochter werden tot in einem Fahrzeug in Rivera Hernández aufgefunden“, „Bewaffnete dringen in rivalisierendes Gebiet ein und töten eine Frau in Rivera Hernández“, „Bandenmitglieder hinterlassen Drohungen in Schulen von Rivera Hernández“, „Schwere Schießerei fordert zwei Tote in Rivera Hernández von San Pedro Sula“.
In Stadtviertel Rivera Hernández geboren und aufgewachsen zu sein, bedeutet, ständig allen Arten von Gefahren und Gewalt durch das organisierte Verbrechen ausgesetzt zu sein, es bedeutet, jede Nacht Schüsse zu hören und dem Himmel zu danken, dass man nicht von den Kugeln erreicht wurde, es bedeutet, eine Zielscheibe zu sein, es bedeutet, dass man bei all seinen Aktivitäten erst das Einverständnis der Banden einholen muss. In diesem Viertel, das von den staatlichen Institutionen verlassen und vollständig von kriminellen Banden kontrolliert wird, entstand Paso a Paso.
Das Programm wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, Jugendgewalt durch sozialpädagogische Mittel für Minderjährige und benachteiligte Familien zu verhindern. In den öffentlichen Schulen gibt es oft nicht einmal Schulbänke für die SchülerInnen. Es gibt eine hohe Schulabbrecherquote, die auf Kinderarbeit, fehlende wirtschaftliche Mittel zur Deckung der Schulkosten, fehlende Schulzentren und fehlende Lehrer zurückzuführen ist.
Das sozialpädagogische Programm Paso a Paso zielt darauf ab, die schwerwiegenden Mängel des öffentlichen Bildungssystems zu beheben, indem den Kindern eine ganzheitlichere Bildung, auch in menschlicher Hinsicht, geboten wird. Neben der schulischen Förderung werden Workshops zu verschiedenen Themen, Musikworkshops, Sportnachmittage, Wanderungen in der Gemeinschaft und Begegnungen mit Kindern aus anderen Organisationen und Dörfern angeboten.
In Paso a Paso finden die Kinder einen Raum, in dem sie lesen, lernen, forschen und die Fächer, die sie am meisten interessieren und in denen sie die größten Schwierigkeiten haben, in einem Raum mit ganzheitlicher pädagogischer Unterstützung vertiefen können. Die Stärkung des „Buen Vivir“ und des Gemeinschaftssinns steht im Mittelpunkt in der Hoffnung, Schritt für Schritt eine gerechtere Gesellschaft und ein würdevolles Leben aufzubauen.
Obwohl der offene soziale Konflikt ein übertriebenes Maß an täglicher Gewalt im Viertel hervorruft, führt die hohe Akzeptanz von Paso a Paso dazu, dass vonseiten der Familien ständig neue Anfragen kommen.
Neben der Bildung arbeitet Paso a Paso auch an zwei anderen Fronten, die für die Nachhaltigkeit des Programms entscheidend sind:
Unterernährung: Die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen leidet an Unterernährung, was sich auf ihre physische und psychische Entwicklung auswirkt. Im Rahmen des Programms werden täglich zwei Snacks angeboten (morgens und nachmittags), und es werden zwei Ernährungskontrollen pro Jahr durchgeführt, um die Unterernährung unter Kontrolle zu halten.
Ausflüge: Aufgrund mangelnder wirtschaftlicher Ressourcen haben die meisten Minderjährigen und ihre Familien nicht die Möglichkeit, das Viertel Rivera Hernández zu verlassen. Im Laufe der Jahre hat Paso a Paso jedoch erfahren können, wie wichtig es ist, Ausflüge zu unternehmen, um aus dem rauen Alltag von Rivera Hernández herauszukommen, Orte in der Natur kennenzulernen, ins Kino zu gehen, Museen, Kultur- und Freizeiteinrichtungen zu besuchen. Dies gilt als wahre Therapie für die Teilnehmer.
Vom Programm sind 200 Kinder und Jugendliche (120 Mädchen und 80 Jungen) aus dem Stadtteil Rivera Hernández in San Pedro Sula im Alter von 6 bis 18 Jahren betroffen, die aus Familien in benachteiligten Situationen mit geringen Geldmitteln stammen und ein Interesse an Bildung und Ausbildung haben. Die Erfahrung hat gezeigt, dass vor allem die Jugendlichen eine besondere Sensibilität für die soziale Situation in ihrem Viertel zeigen und sich aufgerufen fühlen, diese zu verändern. Nach den Grundsätzen der Peer-to-Peer-Erziehung versucht Paso a Paso daher, immer mehr Jugendliche einzubeziehen, die zuvor an dem Programm teilgenommen haben, und ihnen die Möglichkeit zu geben, selbst zu Erziehern und damit zu Vorbildern für die Jüngeren zu werden.
Aber auch die gesamten Familien können von dem Programm profitieren, indem sie regelmäßig mit Paso a Paso zusammenarbeiten und so Meditation, Bastel- und Gemüsekurse besuchen. Es handelt sich um Familien, die in ihrem Viertel etwas bewirken wollen und nach Alternativen zur Gewalt und den Drohungen der Maras oder der kriminellen Gruppen suchen, denen oft ihnen nahestehenden Personen angehören.
Videomaterial: